Kommentar zum spiegel-online-Artikel
„Warum ein feministischer Film nötig ist“
Die Teilnehmerinnen des Stoffentwicklungsprogramms „Into the Wild“ unter der Leitung von Isabell Suba wollen nach eigenen Angaben „die deutsche Filmindustrie“ revolutionieren, aber die wichtigste Forderung in Sachen Gendergerechtigkeit, nämlich die nach geschlechterparitätischer Partizipation an den Filmfördermitteln, fehlt in dem Katalog der jungen Filmemacherinnen. Einfach vergessen? Eine in dem Gastbeitrag erwähnte Mentorin dieses Programms für „innovativen mainstream“ ist die Juristin Kirsten Niehuus, Intendantin des Medienboards Berlin-Brandenburg, die als Beitrag zum Thema Frauen in der Filmbranche allen Ernstes im Vorfeld der Berlinale die Kostenübernahme für Kinderbetreuung anbot. Um diese Kinderbetreuung in der Kalkulation geltend zu machen, braucht Frau oder Mann aber erstmal ein finanziertes Filmprojekt, und was ist mit den Menschen, die keine Kinder haben?
Es ist in der letzten Zeit viel von Machtkonzentration, Machtmissbrauch und Abhängigkeit von Geldgebern in der Film- und Fernsehbranche die Rede gewesen. Filmschaffende aus NRW haben vor einigen Wochen gegen die Machtkonzentration in den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten protestiert (info@filmbuero-nw.de).
Während bei den Filmförderinstitutionen in NRW, Bayern, Hamburg, Baden-Württemberg, Hessen und Sachen/Thüringen Gremien über die Vergabe von Fördermitteln entscheiden, liegt in der Hauptstadtregion die Macht allein in den Händen der Intendantin Kirsten Niehuus, und zwar seit vierzehn Jahren. Bei Einführung des Intendant*innen-Modells im Jahre 1994 war von Seiten der Politik vorgesehen, nach spätestens fünf Jahren im Dialog mit der Branche die Förderpraxis zu überdenken, eventuell neue Justierungen bei den Vergabekriterien vorzunehmen – eben eine sach-und fachgerechte und produktive Auseinandersetzung zu führen. Nix davon passiert – stattdessen werden Verträge klammheimlich verlängert (dies gilt auch für die Verträge der Förderchef*innen in anderen Bundesländern). Nun bin ich keineswegs eine Gegnerin des Intendant*innen bzw. Kurator*innen-Modells, aber sehr wohl gegen zu lange Amtszeiten, mangelnde Transparenz und fehlende Bereitschaft, die eigene Förderpraxis kritisch zu reflektieren. Diejenigen, die vom Medienboard bedient werden, schweigen, weil man nicht in die Hand beißt, die einen füttert, und der große Rest schweigt ebenfalls, weil man ja noch einreichen will und Nachteile befürchtet, wenn man öffentlich Kritik an der Förderpraxis der Intendantin übt.
Ich habe im vergangenen Jahr die Vergabepraxis der Förderinstitutionen unter dem Genderaspekt/Regie untersucht und in dem Branchenblatt black box veröffentlicht.
Untersuchungszeitraum: zehn Jahre, von 2007 bis 2016. Produktionsförderung für Kinospielfilme.
Ergebnis für die Vergabepraxis der Intendantin Kirsten Niehuus:
86% der Fördermittel gingen an Filmprojekte von Männern, 14% an Filmprojekte von Frauen.
Tja Leute, nun denkt mal selber!